Der wahre König
Liebe Leserinnen und Leser,
jeden Tag sehe ich wieder die gleichen Bilder: Zerstörte Häuser. Davor Gesichter verzweifelter Menschen. In der Zeitung, auf dem Fernsehbildschirm, in der News-App auf dem Handy. Und kurz danach das Gesicht irgendeines alten Mannes mit Sakko und Krawatte, der erklärt, warum genau dieser Angriff jetzt gerade richtig war und sein musste. Und jeden Tag erschreckt mich genau das wieder und macht mich oft auch traurig. Und ich merke den Widerstand in mir und höre die Stimme, die sagt: „Nein. Das muss eben nicht sein. Es muss anders gehen. Und es geht auch anders.“ Darum will und werde ich mich auch nicht daran gewöhnen. Geht es Ihnen auch so?
Wir feiern jetzt im Advent die Ankunft eines Menschen, dessen Botschaft genau dieses „Nein“ ist. Seine Mission heißt „Frieden auf Erden“, ausgerufen von den Engeln kurz nach seiner Geburt (Lk 2,14). Genau dafür schickt ihn Gott, und zwar bewusst zu 100 % ausgestattet mit den Attributen der Machtlosigkeit: als kleines Kind, verletzlich, selbst hilfsbedürftig und damit unfähig auch nur die geringste Form von Gewalt auszuüben.
In genau dieser Gestalt ist er das Gegenbild schlechthin zu allen Herrschern auf der Welt, die Krieg führen. Der „Friedefürst“ in Person, als den ihn schon Jesaja ankündigt (Jes 5,9). Und genau darum der wahre König. Wie ein lebendes Fragezeichen aus Fleisch und Blut, das Gott über aller kriegerische Gewalt setzt. Sieh mich, sagt dieser Friedefürst Jesus zu allen Befehlshabern über Bomben und Raketen. Sieh den Protest meiner Gewaltlosigkeit, den ich deiner Gewalt entgegensetze. Lass dich davon berühren und deine Waffen schweigen.
Eine Welt ohne Kriegsgewalt ist kein überholtes Ideal. Es ist ein wichtiges Ziel im Heilsplan Gottes. Wann es erreicht sein wird und ob wir das noch erleben werden, wissen wir nicht. Doch ich glaube immer noch an Gottes Wirken in dieser Welt und auch daran, dass er Menschen sucht, die sich in den Dienst seiner Sache stellen. Trotz allem.
Darum möchte mich in diesem Advent mit Ihnen gemeinsam von seinem Gesandten und Friedefürsten Jesus genau dazu bewegen lassen. Mich auch weiter nicht an fliegende Granaten und neue Wohnhaustrümmer zu gewöhnen. Und selbst zum lebendigen Fragezeichen zu werden, wo ich kann. Wo Menschen Krieg und Gewalt rechtfertigen, sagen: Nein. Auch wenn ich mal allein dastehe. Vielleicht auch die eine oder andere Petition unterschreiben. Und selbst Frieden stiften im Alltag. Gewaltarm kommunizieren. Leisen und schwächeren Menschen eine Stimme verleihen, wo ich kann. Allem Unfrieden in der Welt zum Trotz. Und angerührt vom Friedenbringer Jesus.
Herzlich grüßt Sie Ihr
Pastor Martin Funke