Unsere Kirche
Rundgang
Über dem Südeingang der Kirche findet sich ein Hinweis auf das Erbauungsjahr der Kirche. Um dieses zu erfahren, sind die Großbuchstaben des Psalmverses als römische Ziffern zu nehmen und zu addieren. Wer diese Arbeit abkürzen möchte, mag gleich auf die Lösung schauen: Anno 1736. An der Südwestecke ist eine Sonnenuhr angebracht, deren Inschrift auf den zur Entstehungszeit tätigen Lehrer und Küster Joh. Chr. Dietrich hinweist. Grabplatten an der Südseite von Turm und Kirche erinnern daran,dass der Kirchhof bis ins letzte Jahrhundert als Friedhof benutzt worden war. Die halbrunde Sakristei, die sich als Seitenapsis an die Nordseite der Kirche anfügt, wurde erst im Zuge des Wiederaufbaus nach dem zweiten Weltkrieg errichtet.
Wer heute das Innere der St. Marien Kirche betritt, empfindet die Helle und schlichte Freundlichkeit dieses Kirchenraumes. Vom westlichen Turmeingang her fällt der Blick auf den steinernen Altartisch mit Kreuz und Messingleuchtern vor dem östlichen Bildfenster. Der Sandstein des Altars stammt aus den Bombentrümmern Grasdorfer Höfe. Das hölzerne Altarkreuz wurde 1951 in der Werkstatt von Werner Ehlert angefertigt. Das von Werner Brenneisen im Jahr 1954 entworfene Fenster hinter dem Altar stellt die Gabe des Heiligen Geistes zu Pfingsten dar. Es erinnert mit der Taube und den leuchtenden Strahlen über den Jüngern daran, aus welcher Kraft unsere christliche Gemeinde bis heute gesammelt und erhalten wird.
Der Taufstein ist ein Geschenk der Patronatsfamilie von Alten und trägt deren Wappen. Die Sandsteinschale, ursprünglich als Blumengefäß im Gutspark Ricklingen verwendet, wurde aufgearbeitet und 1954 der Kirchengemeinde übergeben. Das Jesus-Wort “Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden” ist im Kreuz auf der Weltkugel symbolisiert, welches den Messingdeckel ziert. Auf dem achteckigen Rand ist eingraviert: “Jesaias 12,3: Ihr werdet mit Freuden Wasser schöpfen aus den Heilsbrunnen.”
Im südlichen Chorraum ist eine große Steintafel im Bodenbelag zu finden, deren wenige noch lesbare Schriftzeichen sie als Grabplatte kennzeichnen. Darunter befindet sich ein gemauertes Gewölbe, in welchem die Amtleute der früheren Domäne Coldingen beigesetzt worden waren. Die nördliche der drei Grabkammern, die sich unter dem Chor befinden, musste 1933 zur Aufnahme einer Heizungsanlage geräumt werden.
Die erste Orgel der St. Marien Kirche war 1822 von der Fa. Meyer in Hannover gebaut worden. Die heutige aus dem Jahr 1957/58 stammende Orgel der Fa. Hammer in Arnum besitzt 22 klingende Register, verteilt auf Hauptwerk, Brustwerk und Pedal. Die letzte Instandsetzung erfuhr das Instrument zur Jahrtausendwende im Zuge einer umfassenden Renovierung, bei der die Kirche innen einen neuen Anstrich erhielt, die an Eisenträgern abgehängte Decke gesichert und die Dacheindeckung der Kirche erneuert wurde.
Schenken Sie bitte Ihre Aufmerksamkeit auch den in jüngster Zeit gestifteten Skulpturen: der Bronzeskulptur “Vergebung” im sog. Gefallenenfenster und der Holzskulpturen-Gruppe “Maria” und “Johannes” zu beiden Seiten des Altars.
Vor dem nördlichen Fenster, das dem Seiteneingang gegenüber liegt, haben Sie die Möglichkeit, ein Licht an dem Kerzenbaum anzuzünden. Nehmen Sie sich etwas Zeit. Christus spricht: “Ich bin das Licht der Welt.” Ein Gebet, einen Gruß, einen Wunsch, eine Sorge können Sie in dem Buch hinterlassen - hoffend, dass Gott Helligkeit in Ihre Gedanken bringt. Kommen Sie doch bei Ihrem nächsten Besuch in Grasdorf einmal vorbei. Die Kirche ist in der Regel täglich geöffnet von 9.00 bis 18.00 Uhr.
Historischer Überblick
Aus dem Jahr 1733 berichtet der damalige Grasdorfer Prediger Franz König: “Und siehe, ich erschrack, als ich das Chorgewölbe von den Seitenmauern schon so weit abgelöset sahe, daß ich nicht nur dahin aufs Chor [sehen], sondern auch einen Pflock oder Zimmernagel hindurch stecken konnte.” Da nun “periculum in moro” (Lebensgefahr) bestand, wurde das Kirchenschiff und der quadratische Choranbau abgetragen. Damit hatte schon der zweite Kirchenbau die Zeit nicht überdauert. Die erste romanische Marienkapelle mit hölzerner Decke war schon früher durch das gewölbte Kirchenschiff ersetzt worden. Die einzig erhaltene Bausubstanz aus der Gründungszeit ist der markante Kirchturm. Er ist in seiner trotzigen Wehrhaftigkeit ein Zeugnis aus der Mitte des 14. Jahrhunderts, als die Adelsfamilie von Alten vom Bischof in Hildesheim mit Gütern belehnt und mit der Stiftung einer Kirche in “Gravestorpe” beauftragt worden war. Das Patronat wird durch den jeweiligen Senior der Familie, heute Baron Jobst von Alten, ausgefüllt.
Unter Aufsicht des königlichen Baumeisters Leiseberg wurde bis 1736 ein dem barocken Zeitgeschmack entsprechendes Kirchenschiff errichtet. Der saalförmige Bau mit Dreiachtel-Chorabschluss erhielt eine gewölbte Gipsputzdecke. Der alte Glockenturm wurde mit einer hohen schiefergedeckten Turmspitze versehen und das Mauerwerk innen und außen gekalkt. Den Innenraum schmückte ein in weiß und gold gehaltener barocker Kanzelaltar des königlichen Hofbildhauers Ackermann aus Hannover. Bis an den Altarraum befand sich vor den Seitenfenstern eine von Ständern getragene Empore.
Im September 1943 fiel die Kirche einem Luftangriff zum Opfer. Viele Augenzeugen erlebten, wie der Kirchturm einer Fackel gleich brannte und funkensprühend in sich zusammenstürzte. Die Kirche brannte völlig aus. Nichts konnte gerettet werden.
Pastor Georg Schaaf setzte sich mit aller Kraft dafür ein, den Wiederaufbau zu bewerkstelligen. Die Gemeinde trug trotz der persönlichen Not durch die Bereitstellung von Arbeitskraft und Spendenleistungen wesentlich zum Wiederaufbau der Kirche bei. Die Pläne des Architekten Ernst Zinsser betonten romanische Stilelemente. Entsprechend wurde der Turm mit einem niedrigen Zeltdach gedeckt, das noch heute das Erscheinungsbild der St. Marien Kirche maßgeblich prägt.