„Danke für das Fest und die wunderbaren Jahre“

25. Februar 2023

Sozialarbeiterin Ingrid Röttger: Ruhestand nach 37 Jahren

Ingrid Röttger nach der Verabschiedung. Die Bilder hinter ihr haben Kolleginnen zusammengestellt, sie symbolisierenden ihre Arbeit. (Bild: Schwier)

„Danke für das Fest und die wunderbaren Jahre“, sagte Ingrid Röttger in ihrer herzlichen Art an die über 70 Menschen, die in die St.-Andreas-Kirche in Springe gekommen waren. Am Freitag, 24. März 2023, wurde die Sozialarbeiterin nach fast 37 Jahren in Diakonie und Kirche in den Ruhestand verabschiedet.

Im Sommer 1986 hatte Ingrid Röttger im damaligen Kirchenkreis Springe als Kirchenkreissozialarbeiterin begonnen. Außer der Schuldnerberatung und Seniorenfreizeiten war kaum etwas an professioneller Beratung und Hilfe vorhanden. Mit der Zeit kam vieles hinzu, was Ingrid Röttger mit angestoßen hat: Die Frühen Hilfen für Familien, die Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktberatung, der Umsonstladen in Laatzen, der Doppelpunkt in Springe, die Stiftung proDiakonie des Kirchenkreises und vieles mehr. „Ohne Netzwerk geht Sozialarbeit nicht“, betont Röttger immer wieder.

In seiner Predigt hat Superintendent Andreas Brummer die Jahreslosung „Du bist ein Gott, der mich sieht“ (Gen 16,12) aufgenommen. Die Geschichte erzählt von Hagar, die schwanger in die Wüste flüchtet und dort von einem Engel zum ersten Mal ernst genommen wird. „Es ist die Geschichte eines Schwangerschaftskonfliktes“, sagte Brummer und griff eines der wichtigen Arbeitsfelder von Ingrid Röttger auf. So wie der Engel habe sie immer die Menschen gesehen, geachtet und ein Stück begleitet. Das sei wichtig für eine gelingende diakonische Arbeit.

Für die Entpflichtung durch Superintendent Brummer hatte Ingrid Röttger sich zwei Assistentinnen ausgesucht: Ihre Kolleginnen Andrea Schink und Monika Brandt-Zwirner. Schink war einige Jahre ihre Kollegin in Springe und arbeitet heute in Ronnenberg, Brandt-Zwirner ist bis heute ihre direkte Kollegin und Vertreterin mit gleichen Aufgaben in Laatzen.

Jörg Engmann, Geschäftsführer im Diakonieverband Hannover-Land, bedankte sich bei Röttger für die vielen Jahre engagierter Arbeit für Diakonie und Kirche: „Danke für ihre große Lebensleistung“. Röttger habe sich auch immer für Verbesserungen im sozialen System eingesetzt, wie zum Beispiel  der schulischen Teilhabe.

Viele weitere Menschen haben sich bedankt für die lange und tolle Zusammenarbeit, vom Doppelpunkt bis zum Kirchenkreis, vom Diakonieausschuss bis zur Mitarbeitervertretung, von aktuellen bis zu ehemaligen Kolleginnen und Kollegen.

Zwei Musiktitel hatte sich Ingrid Röttger gewünscht, sie passen nicht nur auf ihre langjährige Arbeit, sie haben auch einen aktuellen Bezug zur heutigen Zeit: „Imagine“ von John Lennon und „Freiheit“ von Marius Müller-Westernhagen. Beide gesungen und gespielt von Kantor Robin Hlinka.

shw/KK Laatzen-Springe und Diakonieverband Hannover-Land

Ingrid Röttger vor einem Lieblingsprojekt, dem Doppelpunkt in der Springer Altstadt (Bild: Schwier)
Ingrid Röttger vor einem Lieblingsprojekt, dem Doppelpunkt in der Springer Altstadt (Bild: Schwier)

„Ohne Netzwerk geht Sozialarbeit nicht“

Angefangen hat alles in Springe im Jahr 1985. Dort war Ingrid Röttger gerade bei der Stadt untergekommen als Sozialarbeiterin in einem zeitlich begrenzten Projekt. Für die geburtenstakten Jahrgänge waren Stellen rar gesät. Bei einem Netzwerktreffen erfuhr sie dann von einer Stelle im damaligen Kirchenkreis Springe: Die Kirchenkreissozialarbeit sollte erweitert werden. Der damalige Kirchenkreissozialarbeiter Wolfgang Steinbrück holte sie in kirchliche Dienst. „Es war ein großes Glück, dass ich auf diese Stelle gekommen bin“, sagt Röttger im Rückblick.

Damals gab es wenige professionelle Angebot in der Sozialarbeit und der Diakonie, am Anfang kümmerte sie sich um Seniorenfreizeiten. Aber es kam immer mehr dazu: die allgemeine Sozialberatung, die Schwangerschaftskonfliktberatung - und die Schuldnerberatung mit anschieben. Und ein Netzwerk aufbauen. Das ist für Ingrid Röttger eines der wichtigsten Dinge in ihrer Arbeit. „Ohne Netzwerk geht die Sozialarbeit nicht. Das ist das A & O“, sagt sie. Nur in guter Zusammenarbeit sei die Sozialarbeit in all ihren Facetten möglich. Darum hat sie auch den Doppelpunkt in der Springer Altstadt mit aufgebaut. „Das ist zukunftweisend für Kirche und Diakonie“, ist Ingrid Röttger überzeugt. Das hätte sich auch in der Coronazeit und in der Flüchtlingskrise bewährt, da der Doppelpunkt immer wieder die engagierten Menschen in der Stadt zusammenbringe.

Auf die Frage nach einem immer wieder auftauchenden Thema kommt die schnelle Antwort: „Das Thema Armut zieht sich durch mein berufliches Leben“, sagt die 63-Jährige. Auch heute sei es immer noch ein Problem, dass es zum Beispiel nicht genug Plätze in Krippen und Kindergärten gebe. Armut sei ein Riesenfeld das beachtet werden müsse.

Mit der Zeit wechselten die Arbeitgeber: Der Kirchenkreis Springe ging im Kirchenkreis Laatzen-Springe auf, dann kamen die diakonischen Projekte zum Diakonieverband Hannover-Land, in dem sich fünf Kirchenkreise zusammengeschlossen haben, um die diakonische Arbeit gut aufstellen zu können. Aber Ingrid Röttger blieb mit ihrem Standort immer in Springe. Die in Hannover lebende Sozialarbeiterin pendelte regelmäßig an den Deister, zuletzt mit E-Bike zum Bahnhof und mit der S-Bahn.

Am Freitag, 24. Februar, wird Ingrid Röttger nach 37 Jahren in Diakonie und Kirche in den Ruhestand verabschiedet. Der Gottesdienst beginnt um 11 Uhr in der St. Andreas-Kirchengemeinde Springe.

Ingrid Röttger zwischen Sandra Heuer und Jörg Engmann, den Geschäftsführer*innen des Diakonieverbands Hannover-Land (Bild: Schwier)